2. Forschungsbericht von Heinz Axthelm, März 1938.
1. Die Schreibweise des Namens Axthelm in Gegenwart und Vergangenheit. Abgrenzung gegen Namen anderer Herkunft.
a) Gegenwärtig existiert nur die eine Schreibweise des Namens, nämlich Axthelm. Die vielfach vorkommenden Namen Axt, Axmann, Axtmann, Axthalb (Bayern), Axter (Wien) usw. haben mit dem Namen Axthelm lediglich die etymologische Ähnlichkeit bzw. die Gleichheit einer Silbe gemeinsam, aber nicht den etymologischen Ursprung; d.h. die Deutung, bzw. der Sinngehalt des Namens Axthelm ist ein ganz eigener, der in den anderen Namen ähnlicher Schreibweise nicht wiederkehrt und keinerlei Analog hat.
Damit stelle ich fest, dass nur die Träger des Namens Axthelm zu einer gemeinsamen Namensgruppe gehören. Alle anderen scheiden bei dieser Betrachtung aus.
Seitdem das Wort Axhelm, bzw. Axthelm geprägt wurde, gehörten die Träger dieses Namens einer bestimmten Verwandtschaftsgruppe, einem gemeinsamen Geschlechte an, während alle anderen Namen mit der Stammsilbe axt einen eigenen Entwicklungsweg nahmen. Strittig ist bisher lediglich der Ursprung des Namens Axthalb, der in Bayern vorkommt.
Axthalb: kath. Zeilscher Reichsritterstand mit „Edler von“ Zeil am 1. Mai 1776 vom Hofpfalzgrafen Gfn. von Zeil – für Dr. jur. Franz Josef Axthalb, Advokaten und Reg.-Fiskal kurfürstlich-bayrischer Rat, Bürgermeister von Landshut – belehnt, [kurfürstlich-bayr. Ausschreibung vom 10 . September 1776] und am 8 . Januar 1813 der Adelsmatrikel des Königreichs Bayern bei der Urklasse [Ritterklasse] einverleibt.
Wir lassen diesen Namen also vorläufig außerhalb der Betrachtung.
b) Die Schreibweise Axthelm reicht zurück bis zum Ausgang des dreißigjährigen Krieges (im Bachraer Kirchenbuch zum ersten Male 1672 erwähnt, im Rettgenstedter Kirchenbuch 1628), dagegen tritt der Name Axhelm, also ohne „t“ zuletzt 1631 im Bachraer Kirchenbuch und noch einmal 1665 im Olberslebener Kirchenbuch auf. Von dieser Zeit rückwärts begegnet uns unser Name immer nur in der Schreibweise Axhelm (im Bachraer Kirchenbuch von 1591-1631 22x, im Hardislebener Wehrregister vom Jahre 1555 allein 4x; das Vorkommen in den Kirchenbüchern von Ostramondra, Rettgenstedt, Lossa, Olbersleben, Neuhausen usw. sei hier nicht besonders erwähnt, weil die ältesten Kirchenbücher dieser Orte jüngeren Datums sind).
c) Die bereits im 6. Jahrhundert vorkommenden Namen Anshelm, Ansehelm und Anselm haben keinerlei etymologische Verwandtschaft mit dem Namen Axthelm. Der Name des 545 erwähnten Bischofes von Bomarzo (Anselm von Polymartium) führt zweifellos auf die Deutung „Gottes Helm“ zurück; dasselbe gilt von dem um 600 lebenden Bischof von Cremona. Auch die Schreibweise Anshalm (aus dem Jahre 1033 und 1085) hat nichts mit unserem Namen zu tun. Dagegen wäre zu fragen, ob der im Frühgotischen vorkommende Name Agshelm oder auch der im Spätgotischen auftauchende Name Oshelm (nhd. = Anselm?) mit dem Namen Axhelm einen gemeinsamen Ursprung hat. Die in einer Speyerer Urkunde 1003 und im Straßburger Urkundenbuch 965-991 genannten Bürger namens Anselmus führen auch nur auf das ältere Geschlecht Ansehelm zurück.
2. Die etymologische Untersuchung des Namens Axthelm
Ich gehe von der Schreibweise Axhelm aus, weil sie die älteste und bekannte ist.
Zunächst ein rein sprachlicher Aufriss: Die Silbe –helm, die keinerlei Beziehung zu dem Wort Helm als Kopfbedeckung hat, stammt aus dem ahd. (althochdeutschen) Sprachgebrauch und kommt gegen Ende des 9. Jahrhunderts zum ersten Male vor in der Schreibweise halap. Um das Jahr 1000 fällt in der Volkssprache der 2. Vokal aus, sodass von dieser Zeit an im mhd. (= mittelhochdeutschen) Sprachgebrauch die Formen halp, help, halm und helm auftreten in der Bedeutung: „Stiel“ (s. Grimm u. Gottschald).
Eine Abzweigung dieser Schreibweise ist die Silbe halb, die noch heute in dem Namen Axthalb gebräuchlich ist.
Eine weit kompliziertere Entwicklung machte die Silbe Axt/Ax durch. Das gemeingermanische Wort, das auf eine Gerätbezeichnung zurückgeht, beruht auf dem idg. (=indogermanischen) agesi, bzw. agzi (aksi); das damit urverwandte griechische Wort heißt axinä (Axt), lateinisch = ascia. (Dagegen sind acies = die Schärfe (lat.) und akä = die Spitze (griech.) mit dem Wort Axt nicht verwandt, ebenso wenig acri = Schneide)
Das idg. agesi erscheint im gotischen wieder als = agizi, taucht im ahd. als acchus, pl. acchussi und im mhd. in der Form ackes (vgl. altsächsisch accus; nordländisch = aaks, aus akes; angelsächsisch = aex; englisch = ax, axe; und altnord. = ox) auf.
Das mhd. ackes = die Axt wird 1257 in Straßburg erwähnt: Haus „zur Ackes“.
Aus dem mhd. ackes wird das spätmhd. aks/ax (ks zu x, siehe auch im lat. und griech.), bzw. axt (1352 Peter mit der Ax – 1362 = Peter Ax) [s. Heintze-Cascorbi].
Während dieses bei Luther schon in der Form axt vorkommt, lautet es im mhd. Sprachgebrauch der Schweiz achszt (s. Fischart und agst s. Keisserberg; vgl. den im frühgotischen vorkommenden Namen Agshelm).
Dazu nun ein wörtlicher Auszug aus dem Deutschen Wörterbuch von Grimm, unter Axthelm:
=manubrium asciae (lat.) d.h. Handhabe der Axt/Stieler 738: „dem Wort entspricht das umgestellte althd. helmachus bipennis (Graff 1, 136) das eine gehelmte, gestielte axt bedeuten musz, wie helmbarte eine gestielte, mit handgrif versehene barte; nicht können beide wörter ausdrücken sollen, dass axt und barte helme spalten. die bedeutung von axthelm erhellt klar aus der bekannten fabel, wo ein bauer den wald bittet (s. geneal. Akten/Alberus 144):
„du wöllst mich lassen hauwen ab ein axthelm…“
und weiter ein Scherzgedicht:
„er liesz nicht bleiben bei eim helm,
sonder er hielt sich wie ein schelm;
das helm dem schelmen ursach gab,
dass er bei hundert stämm hieb ab.“
oder mhd. ein anderer Spruch:
„einem manne barst ein axsstiel,
do bat er alle baume vil
um einen halp, der wär veste.“ /altd. Wäld. 3, 225.
und halp ist wiederum manubrium. lässt ein herr hauen, so sollen die märker dabei stillstehen, bis er sein theil geladen, dann aber zugreifen, äste und abschläge nehmen, folgends der nächste märker sein axthelm vorschlagen und dieselbige länge hauen (weisth. 3, 462).
vorschlagen wird hier meinen, in den baum mit dem beil einschlagen wie man von den hexen glaubte dass sie eine axt in die thürseule schlagen und aus dem axthelm milch melken (mythol. 1025)“.
Keisserberg, als er einmal Wunder berichtet, fügt hinzu:
„das war ein wunderbarliche verwandlung und also wenn gott will, so kraget ein axthelm unt. dem bank, sprechen die bauern (omeisz. 32).
falsch also ist adelungs annahme, axthelm sei der hintere dicke theil (das auge) der axt, in welchem der stil befestigt werde.“
Aus alledem geht zweifellos hervor, dass der Name Axthelm ursprünglich zu den Gerätnamen gehört und auf eine Tätigkeit hinweist, die der eines Zimmermanns entsprechen könnte, deren es unter Heinrich dem Städtebauer, wie überhaupt unter den sächsischen Kaisern genug gegeben haben mag. Sowohl die etymologische Deutung von axt und helm, wie auch die Kombination beider, liegt nunmehr klar auf der Hand. Das Wort helm kommt in den mhd. Sprüchen gleicherweise in sächlicher wie in männlicher Bedeutung vor, hat aber beidemal den gleichen Sinn.
Die weitverbreitete Meinung, dass die Endung -helm identisch sei mit der Bezeichnung Helm als Kopfbedeckung, entbehrt jeder Grundlage und ist eine irrige Deutung. Dass in der Zeit vor der Christianisierung Germaniens (um die Wende der Zeitrechnung; s. Tacitus, Germania!) durch eine schmiedeeiserne Haube die Schneide der Axt an dem oberen Ende des Stiels befestigt wurde und nach dieser Axthaube die ihr in dem Aussehen ähnelnde Kopfbedeckung des Kriegers benannt wurde, ist freilich nicht von der Hand zu weisen. Aber es liegt keinerlei berechtigter Anlass vor, den sehr viel später entstandenen Familiennamen Axthelm damit in Zusammenhang zu bringen (vgl. Gottschald und Leinertz mit Grimm).
Es ist nun so, dass von dem Handwerkszeug Axthelm ( = Axt-Stiel) das Handwerk als solches seine Bezeichnung erhielt und später auch die dieses Handwerk Ausübenden mit dem gleichen Namen benannt wurden: Axthelm.
So lautet schlicht und einfach die Erklärung unseres Namens. Abgesehen von den geschichtlichen Widerlegungen dürfte schon aus diesen Untersuchungen hervorgehen, dass der Ursprung unseres Geschlechts in Deutschland zu suchen ist, nicht in Schweden.
Eilenburg, im März 1938. Heinz Axthelm
[Literaturverzeichnis siehe Original Dokument]
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